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Goethe-Universität — Wie halten Zellen im Gewebe zusammen?

Veröffentlicht am: Mittwoch, 14. Januar 2015, 11:11 Uhr (008)

FRANKFURT. Zellen werden in vielen Geweben durch Proteine der Cadherin-Familie zusammen gehalten. Ein weit verbreiteter Vertreter ist N-cadherin, das im Gehirn Nervenzellen verknüpft und damit eine wesentliche Rolle beim Lernen spielt. Allerdings tritt das Protein auch bei Tumorerkrankungen auf. Hier ist es dafür verantwortlich, dass das Gewebe nicht mehr zusammen hält, so dass es zur Metastasenbildung kommt. Eine Biologin und eine Mathematikerin haben den Prozess der Zell-Verknüpfung erstmals in einer dreidimensionalen Zellkultur nachgebildet und ihre Ergebnisse mithilfe eines mathematischen Modells bestätigt.

„Wenn man bedenkt, wie grundlegend Zell-Zell Kontakte sind und wie vielfältig das Auftreten von N-cadherin im Körper ist, wird deutlich, wie wichtig unsere Ergebnisse für die Grundlagenforschung in Zell- und Entwicklungsbiologie sind“, sagt Postdoktorandin Dr. Sabine Fischer vom Buchmann Institut für Molekulare Lebenswissenschaften an der Goethe-Universität. Darüber hinaus hofft die Forscherin, ihren Kollegen in der Krebsforschung einen wichtigen Input für die Therapieentwicklung zu liefern.

Das Protein N-cadherin wirkt wie ein Klebstoff zwischen benachbarten Zellen. Es sammelt sich in den Membranen an und bildet einerseits Kontakte zu Proteinen in derselben Zelle (cis-Verbindungen) und andererseits mit Proteinen der Nachbarzelle (trans-Verbindungen). Dieses klar strukturierte Netzwerk von Cadherin-Verbindungen wurde bisher nur anhand von Kristallstrukturen der Proteine untersucht. „Es ist nicht klar, wie diese Verbindungen sich auf das Verhalten von lebenden Zellen auswirken“, erklärt die Biologin Dr. Sakshi Garg vom Max-Planck-Institut für Hirnforschung.

Die Nachwuchsforscherinnen untersuchten die Wirkung des zellulären Klebstoffs, indem sie Zellkulturen aus den Darmzellen von Mäusen als drei-dimensionale, kugelförmige Zellaggregate kultivierten und den zeitlichen Verlauf des Wachstums mit dem Mikroskop beobachteten. Dieser Ansatz spiegelt die Strukturen im Körper deutlich besser wieder, als standardmäßige zwei-dimensionale Zellkulturen. Die im Labor gewachsenen Sphäroide treten in ähnlicher Form im lebenden Organismus bei der Metastasenbildung und auch bei der Knochenentwicklung auf. Im Experiment verglichen die Forscherinnen Darmzellen, die von Natur aus keine N-Cadherine exprimieren, mit Zellkulturen mit Wildtyp N-cadherin sowie mit Zellkulturen von Mutanten, die entweder nur cis- oder trans-Verbindungen herstellten.

Wie die Forscherinnen in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Interface berichten, haben die verschiedenen Arten von N-cadherin Verbindungen klar trennbare Einflüsse auf Zell-Zell Kontakte und damit auf die Haltbarkeit eines Gewebes. Die Effekte von Mutationen verschiedener N-cadherin Bindungsstellen reichen von einer bloßen Verlangsamung der Kontaktformation bis zu deutlicher Beeinträchtigung der Gewebestabilität. Trans-Verbindungen bildeten sich zur Überraschung der Forscherinnen auch, wenn die N-cadherin cis-Verbindungen fehlen. Allerdings sind die innerzellulären cis-Verbindungen essentiell für die Stabilität von Zell-Zell Kontakten.

Um die fundamentalen Prozesse der Sphäroidformierung und damit der Zell-Zell Kontakte und der N-Cadherin Interaktionen zu verstehen, ergänzte die Mathematikerin Sabine Fischer die experimentellen Ergebnisse durch eine mathematische Modellierung. „Mit unserem mathematischen Modell konnten wir alle unsere 20 experimentellen Konditionen fitten. Dies zeigt die enorme Stärke des Modells“, berichtet Fischer. Die Forscherinnen verglichen ihr mathematisches Modell nicht nur, wie allgemein üblich, mit den experimentellen Daten, sondern konnten damit auch Vorhersagen treffen, die zu weiteren Experimenten führten. „Wir haben den Zyklus von Experimenten und mathematischer Modellierung also mehrfach durchlaufen, um neue Erkenntnisse über N-cadherin Interaktionen in einem drei-dimensionalen Gewebe-ähnlichen Kontext zu erlangen“, so die Mathematikerin.

Publikation:S. Garg, S. C. Fischer, E. M. Schuman, E. H. K. Stelzer: Lateral assembly of N-cadherin drives tissue integrity by stabilising adherens junctions, in: J. R. Soc. Interface 20141055 (http://dx.doi.org/10.1098/rsif.2014.1055)

Ein Bild zum Download finden Sie hier: www.uni-frankfurt.de/53683043

Bildtext: Mit dem Lichtscheibenmikroskop aufgenommene kugelförmige Zellkulturen ohne N-Cadherine, mit Wildtyp N-Cadherin, cis-Mutante und zwei verschiedenen trans-Mutanten.

Informationen: Dr. Sabine Fischer, Physikalische Biologie, Fachbereich Biowissenschaften (IZN), Buchmann Institut für Molekulare Lebenswissenschaften, Exzellenzcluster Makromolekulare Komplexe, Campus Riedberg, Tel.: (069) 798-42554, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.physikalischebiologie.de.

Authors: Goethe-Universität Frankfurt am Main

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